Der atte Umbrien stammende, in Rom arbeitende und lebende italienische Kunstler Bruno Ceccobelli setzt sich wìe viele seiner Generatìonskollegen mit der kulturellen Tradition intensiv auseinander. Er tut dies nicht aus der Position eines zynischen Umgangs mit dem ikonographischen Material oder der jeweiligen kulturellen Semantik von Fariben, Formen und Objektfunktionen, sonderò indem er, wie es Alberto Boatta genannf Jiat, dieses Material einem RecyclingsprozeB unterwirft. Dabei geht es ihm auch darum, das ursprùnglich arme und profane Material durch die Integration in dasKunstwerk zu sakralisieren, mit dem Bedeutungskontext der Farben und Materialien (Schwefel, Wachs, Holz, etc.) auf dem Ilintergrund ihrer jeweiligen Bedeutungsgeschichte zu spielen. Nìcht ohne Grund erìnnern seine Bildobjekte, die die Zweidimensionalitàt des Bildes verlassen, Relief- und Objektcharakter annehmen, an Reliquiarien, Tabernakel, Umen oder zusammenklappbare Altartafeln. Die in dieser Ausstellung gezeigten, ìm Kataiog reproduzierten Bildobjekte erinnern durch die Zahl 12 wohl an Monatsbilder, ihre Struktur jedoch gemahnt, wie der Kùnstler zu recht betoni, an Amulette. Der Begriff des Amuletts impliziert bereits den Eìnsatz von Darstellungen wie Texten, denen magìsche Kràfte innewohnen” Die Verwendung des Materials wìrd geleitet vom Wunsch, es selbst mitsprechen zu lassen, seine Geschichte mìteìnzubeziehen, um somit eine Korrespondenz’ herzustellen zwischen dem kulturellen UnterbewuBtsein des Kunstlers und der Materie selbst. Das Geheimnisvolle der Werke von Geccobelli verdanken diese ihren bewuBt hermètischen, offenen, nìcht entschlusselbaren Botschaften, der Neigung zu Alchemie und Magie.
Bei der Reihe der zwolf hier reproduzierten Arbeiten gent es um das Nebeneìnander lyrischer, durch die Verkurzùng verratselter, das tieferliegende Innenbild umkreisender Texte, die bewuBt in altertùmlicher Weise geschrieben wurden sowie der Verknùpfung von Zahlen mit Kopfdarstellungen ìm Profil, hinter denen sich das Selbstportràt des Kunstlers verbirgt. Die Texte entstammen einer zweihundert Janre alten philosophischen Schrift der Bahai-Philosophie. Die Darstellung der Kòpfe erinnert an alte Mùnzen, wobei jeweils das Portràt eine subtile Verwandlung erfàhrt. Qas eine Mal erscheint es in januskòpfiger Gestalt, das andère Mal als Medusa, als Frau oder Hermaphrodit, BewuOt konstruiert Ceceobelli den Text so, daB er das Innenbild in eìnem magischen Zìrkel umschlìeBt. Dem Text komtnt éine beschwòrende, formelhafte Zauberkraft zu. Die Farbe selbst wurde auf wenige, zumeist erdhafte, schwefelige Tane beschrinkt. Die Bilder verbreiten den Charakter gealterter Objekte, simulieren die Tatsache eìner langen, hinter sieh liegenden Geschichte.
Peter Weiermair
Novembre 1990